1888, Briefe 969–1231a
1109. An Constantin Georg Naumann in Leipzig
Sils-Maria d. 13 Sept. 1888
Geehrtester Herr Verleger,
in diesem Augenblick traf Ihr werthes Schreiben ein, aus dem ich mit Vergnügen sehe, wie weit Sie schon sind. Was die Zeitungen angeht, denen es Sinn hat, ein Exemplar zu senden, so bin ich zu meinem Bedauern gerade für diesen Fall gar nicht competent. Das Thema ist von einem sehr allgemeinen Interesse: im Grunde wird über nichts so viel geredet und „geschwätzt“ als über W<agner>. Ich meine, wir sollten die Wiener Hauptzeitungen nicht vergessen (— die freie Presse z. B.). Zeitungen, deren unartiges resp. völlig schweigendes Verhalten Sie constatirt haben, lassen Sie bitte bei Seite. Vielleicht ist dies Mal auch Frankreich nicht außer Acht zu lass<en>: die Bewegung, das Für und Wider ist dort in der Frage Wagner mindestens so groß wie in Deutschland. Ich würde proponiren, der
revue des deux mondes
dem Figaro
dem Journal des débats
und dem (Schweizerischen)
Journal de Genève
je ein Exemplar zu senden. Die Adressen werden Sie in Leipzig leicht sich schaffen können (— jedes Zeitungs-Büreau hat sie)
auf diesen Exempl. muß mein Name bezeichnet sein als:
Monsieur le professeur Dr. Nietzsche
de Bâle.
Von Privatpersonen bitte ich noch in meinem Namen zu bedenken:
- dem Freiherrn Dr. Hans von Bülow
Hamburg
- Herrn Carl Spitteler, Basel
Gartenstr. 74
- Herrn Lothar Volkmar, Rechtsanwalt
Berlin W. Leipziger Straße 135
— Ein Blatt Manuscr. zum Vorwort des „Müssiggangs eines Psychologen“ ist vorgestern noch abgegangen. —
Nächsten Montag oder Dienstag treffe ich in Torino ein. Einstweilen wollen wir noch etwas Ferien machen und den neuen Druck lassen. Herr Köselitz ist nämlich gerade auf Reisen (in Hinterpommern): so daß die Raumdistanz zwischen Turin, Leipzig und Herrn Köselitz einen Correktur-gang unpraktikabel macht.
Vielleicht versehen Sie die Freiexempl. an Einzelne wieder mit einem solchen rothen Zettel, gleichen Inhalts, nur zuletzt
Adresse: Prof. Dr. Nietzsche
Torino (Italia)
ferma in posta
Ich bleibe dort bis Mitte November. —
Mit ergebenstem Gruße Ihr
Professor Nietzsche