1886, Briefe 655–784
691. An Franz Overbeck in Basel (Postkarte)
<Nizza, 25. April 1886>
Lieber Freund, immer noch in Nizza, wo mich die plötzliche Verhärtung und Verwinterlichung des Clima’s warten hieß: hinzugerechnet die schlechten Nachrichten über den Gesundheitsstand in Venedig. Ich bedarf der Erholung, wie lange nicht; es fehlt mir an Menschen, die sie mir schaffen könnten. Die Augen, Tag und Nacht schmerzhaft, verbieten Lesen und Schreiben. Das Letzte, was ich las, war Dr. Fuchsens Buch („Heft“? — lucus a non lucendo —) „rasend“ interessant und fein, ob ich schon mit allem Fundamentalen nicht einverstanden bin. Auch habe ich ihm gedankt. Rohde hat geschrieben, sehr bewegt über sein Fortgehn von Tübingen: wünscht mich diesen Mai in Leipzig zu finden, ebenso wie meine Mutter. Wir sind durch die letzten Nachrichten von meiner Schwester wieder besorgter, es scheint, daß sie das heiße Clima schlecht aushält. Ihr erster Brief, mitten aus dem Meere, Nähe der Cap Verdeschen Inseln, war heiter, ausgezeichnete Fahrt und Gesellschaft. Eine Schwester Deussens will hin. Eine hiesige Fabrik hat meine Fürsprache gesucht für Importe nach Paraguay: was mir très ridicule vorkam. — Was für ein schlechter Winter! —
Dein Freund
N.