1886, Briefe 655–784
658. An Heinrich Köselitz in Annaberg (Postkarte)
<Nizza, 5. Januar 1886>
Meine Lieben,
Werthester Freund, unsre Briefe haben sich gekreuzt, und mein vorletztes an Sie nach Wien abgesandtes Schreiben ist, wie ich Ihrer letzten Mittheilung entnehme, noch gerade zur rechten Zeit in Ihre Hände gelangt. Inzwischen verlangt es mich sehr nach Nachricht über Alles, was sich in Dresden begeben hat; und der angenehme Zweifel ist in mir aufgestiegen, ob es überhaupt noch nöthig ist, seine Blicke nach Carlsruhe zu richten:— vielleicht bedurfte es für Dr<esden> nur Ihrer Ankunft, um den Stein ins Rollen zu bringen — und den „Löwen“ zum Brüllen. So wenigstens redet mir täglich die Hoffnung zu… Es versteht sich von selber, daß ich jeden Augenblick bereit bin, nach C<arlsruhe> an M<ottl> zu schreiben: bezeichnen Sie mir nur den Termin, wo das Eintreffen eines Briefs Ihnen am nützlichsten erscheint. Der Genfer Professor der Musik, welcher den Winter über in Leipzig weilt, um seine Sachen aufzuführen, heißt Ruthardt: er wünscht sehr, Sie kennen zu lernen! Sie erfahren bei Riedel, wo er wohnt. (Vermuthlich kommen Sie nach Leipzig?)
Treulich
N.