1885, Briefe 568–654
637. An Ernst Schmeitzner in Chemnitz
Leipzig, 20. Okt. 1885.
Werthester Herr Verleger,
das ist freilich eine Enttäuschung — denn man hatte mir gesagt, die Auflage sei vergriffen oder fast vergriffen. So wie die Dinge nach Ihrer freundlichen Mittheilung stehn, wird es aus meinem Projekte nichts werden, und ich muß vorziehen, das, was ich zu Gunsten der neuen Auflage gethan und geschrieben habe, für einen andern Zweck zu verwenden. Wollen Sie mir nicht wenigstens die Ziffer der noch in Betracht kommenden unverkauften Exemplare mittheilen, insgleichen irgend einen Preis-Vorschlag für dieselben, der nicht außer Verhältniß zu mir und meinen Mitteln steht? — Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, daß von nun an meine Baseler Pension jährlich mir 1000 frs. weniger einträgt als bisher, und daß ich überhaupt nur noch mit Sicherheit auf 3 Jahre diese Pension zu erwarten habe? Dies als Commentar zu dem Worte „Mittel“.
Der 4. Theil Zarathustra, resp. die sämmtlichen gedruckten Exemplare (mit Ausnahme von 6 verschenkten) ist mir einstweilen unzugänglich, nämlich vergraben und versteckt unter dem Hab und Gut des Herrn Köselitz in Venedig: welcher genannte ausgezeichnete maëstro sich jetzt, nach seinem letzten Brief zu schließen, in Wien befinden wird, ohne daß ich näher sagen könnte, wo daselbst und auch wie lange. —
Ihnen und Ihrem ausgezeichneten Freunde Herrn Widemann mich angelegentlich empfehlend
Ihr ergebener
Dr. Nietzsche