1885, Briefe 568–654
617. An Unbekannt (Entwurf)
<Vermutlich: Sils-Maria, August 1885>
Ich selber bin 100 Mal radikaler als W<agner> oder Sch<openhauer>, deshalb bleiben es doch meine verehrtesten Lehrer: welchen — — —: ob ich schon jetzt zu meiner Erholung und Erquickung ganz andre Musik nöthig habe als die W<agner>’s, und, beim Lesen Sch(openhauer)’s, jetzt mich langweile, oder verdrießlich werde. Des Falschen und Oberflächlichen ist zu Viel darin.
M<eine> „Unzeitgemäßen“ bedeuten für mich Versprechungen: was sie für Andre sind, weiß ich nicht. Glauben Sie, daß ich längst nicht mehr leben würde, wenn ich diesen Versprechungen nur um Einen Schritt breit ausgewichen wäre! Vielleicht kommt noch ein Mensch, der entdeckt, daß von M<enschliches,> A<llzumenschliches> an ich nichts gethan habe als meine Versprechen erfüllen. Das, was ich freilich jetzt die Wahrheit nenne, ist etwas ganz Furchtbares und Abstoßendes: und ich habe viel Kunst nöthig, um schrittweise die M<enschen> zu einer völligen Umdrehung ihrer höchsten Werthschätzungen zu überreden.