1885, Briefe 568–654
618. An Heinrich Köselitz in Venedig (Postkarte)
<Sils-Maria, 1. August 1885>
Lieber Freund,
vergeben Sie eine nochmalige Bitte um Absendung eines Z<arathustra>-Exemplars: nämlich an Frl. Helene Druscowicz (die Adresse ist Unter-St. Veit bei Wien) Genanntes Mädchen schrieb dieser Tage sehr artig und unmotivirt an mich: und Sie wissen, daß man auf Erden für alles Unmotivirte dankbar zu sein hat — es ist selten! Das Buch W<idemann>s ist eingetroffen: persönlich betrachtet, ist es vielleicht ein kleines Malheur für mich (von wegen des Dühring und des gepredigten Mengel-Mansch von Physik und „Bewusstseins-Thatsachen“) aber es wird noch viele solche Quidproquo’s geben, und bösere! Ich habe mich bereits bedankt: persönlich betrachtet nach der Seite des Verfassers hin, ist es ein ganzes großes Stück Charakter und Zähigkeit des Willens; das Talent — ist wesentlich schematisch, „kategorientafelhaft“.
N.
Eben trifft Ihr Brief ein, schönsten Gruß und Dank! —