1881, Briefe 74–184
151. An Elisabeth Nietzsche in Naumburg (Postkarte)
<Sils-Maria, 21. September 1881>
Mein liebes Lama, es ist nicht leicht möglich, mir mit einem Geschenk mehr Vergnügen zu machen als Du mir mit den Büchlein’s gemacht hast; so oft ich sie gebrauche, werde ich dankbar Deiner gedenken, ebenso oft als ich bisher mich geärgert habe, daß ich in diesem Punkte wie der erste beste Schulknabe fürlieb nehmen mußte. (Sonst schwimmt nämlich ein nur einigermaßen geachteter Autor oder Künstler in einem Luxus von Geschenken, die sein Handwerkszeug betreffen — und es ist der beste Beweis dafür, daß ich vollkommen ohne Anerkennung meinen Weg gehe (seit ich mir die „Parteien“ der -ianer vom Halse geschafft habe) wenn ich constatire, daß nach 10 Jahren Thätigkeit ich wie ein Anfänger mit dem geringsten Zeuge arbeite, das gar nichts mit meinen Gedanken zu thun hat. Es vermehrt meinen Stolz, daß ich diese schönen und sinnreich geschmückten Büchlein meiner Familie und nicht irgendwelchen „Verehrern“ verdanke.) Bleistift Nr. 2 ist recht, aber fürderhin wollen wir Faber abdanken. Romundts Buch, recht ausgequollen persönlich, scheint mir sehr erquicklich und für ihn hoher Ehren werth; ich kenne etwas die inneren Widerstände, die er zu überwinden hatte; wie blutig-schwer ist jeder Schritt der Selbständigkeit! — Mit der herzlichsten Dankbarkeit
Dein Bruder.