1884, Briefe 479–567
550. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Zürich, 30. Oktober 1884>
Eben, meine liebe Mutter, wieder einmal vom Krankenlager aufgestanden. Nun schnell ein Wort des herzlichsten Dankes für die angenehme Wein- und Honig-Sendung — auch habe ich nunmehr drei schwarze Handschuh zu meiner Theebereitung; und die Gefahr, sich die Finger zu verbrennen, ist sehr damit verringert. — Es gab Vielerlei hier für mich zu thun, wovon ich im Einzelnen nicht erzählen kann. Die letzten Tage hatte ich Herrn Köselitz hier einzuführen — alles hat sich bisher gut in dieser Absicht angelassen; und zunächst ist dieser Musiker entschlossen, in Zürich zu bleiben, zum Mindesten für den Winter. —
Zufällig kam heraus, daß noch Jemand hier in der Nähe (ich meine in der Nähe meines Hauses) wohnt, nämlich Frau Banquier Köckert aus Genf: — großes Vergnügen, sich wiederzusehn! Bis zum 5 November bleibe ich hier. Dann Abreise nach der riviera. —
Es war eine recht gute Erholungs-Zeit für Deinen Sohn, aber ganz unmöglich wäre mir’s, so zu leben, wenn ich wieder „vom Geiste angefallen“ bin: der verlangt von mir: Einsamkeit. —
Meine Lieben, ich denke, Ihr sitzt hübsch bei einander und erzählt euch gute Dinge — auch von mir?
In herzlicher Liebe
Euer F.
(Donnerstag. Noch voller Kopfschmerz.)