1884, Briefe 479–567
515. An Franz Overbeck in Basel
<Venedig, erste Juniwoche 1884>
Lieber Freund,
habe die Gefälligkeit, den beiliegenden Brief an meine Mutter in Naumburg zu adressiren, auch zu frankiren. Es ist mir seit ungefähr 2 Monaten nicht mehr gelungen, einen Brief in ihre Hände gelangen zu lassen; die Post weiß keine Aufklärung über dies sich immer wiederholende Verschwinden von richtig adressirten Briefen und Karten zu geben. Schließlich bin ich auf einen Verdacht gekommen, den ich nicht weiter aussprechen will. —
Köselitz wird etwa in 2 Wochen nach Deutschland reisen, um dem Dresdener Kapellmeister seine Oper vorzuspielen, mit dem er in einer Verbindung von früher her ist. Seien wir glücklich, wenn es soweit ist! Die Sache wird dann schon von selber weiter laufen.
Wenn Du Jakob Burckhardt siehst, so grüße und frage ihn, ob Zarathustra in seinen Händen ist.
Es giebt einen neuen Anhänger, Halb-Franzose, Halb-Italiäner, Halb-Deutscher, in Rom: heißt Aragon.
Herzlich grüßend
Dein Nietzsche.