1884, Briefe 479–567
510. An Resa von Schimhofer in Zürich
<Venedig, Anfang Mai 1884>
Mein werthes Fräulein Resa,
— dieser Name ist mir gar nicht leicht, selbst meine Feder stolpert dabei.
Es ärgert mich, daß Sie von Nizza eine Erkältung (statt einer Erwärmung) davon getragen haben. Das müssen wir das nächste Mal besser machen. Ist es denn nicht möglich, den nächsten Winter für Nizza und die Ausarbeitung der Dissertation zu reservieren?
— Erwägen Sie das! —
Was Themata zu schönen Dissertationen betrifft, so ist meine „Morgenröthe“ eine gute Fundgrube. Bitte, lesen Sie die und ebenso „die fröhliche Wissenschaft“ — beide Bücher sind überdies Einleitungen und Commentare zu meinem Zarathustra.
Eben schrieb ich an Malwida; im letzten Theile, „Rückkehr zur Humanität“ predigend in Hinsicht auf — — Fräulein Salomé. — Wenn Sie Etwas über ihr litterarisches Unternehmen hören, so erzählen Sie es mir. Man muß gegen alle Art Genie’s hübsch human sein, sogar — wenn es Weiberchen sind. Pardon! Aber ich weiß ja, wie Sie selber hierin denken.
Treulich der Ihre
Nietzsche
Venezia, San Canciano calle nuova 5256.