1869, Briefe 1–633
50. An Franziska und Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Basel, kurz vor Weihnachten 1869>
Festlichen Gruss zuvor!
Was hier kommt, ist gar wenig: noch dazu, da das Beste, allerdings nach Eurem Willen, nur eine Andeutung ist.
Dies ist das beigelegte Blättchen Papier, eine Haut, in die Ihr Euch theilen müsst, sie gilt aber unter Brüdern 16 Thl. preuss. und Domrich, noch besser der Buchhändler K.F. Köhler in Leipzig werden sie so hoch zu schätzen wissen. Angedeutet aber ist damit für Dich, verehrtestes Familienhaupt und Mutter zweier ausgewachsenen Kinder, erstens ein Reiseköfferchen, sodann verschiedene unsägliche häusliche Gefässe: wie ich sie Dir einmal versprochen habe. In beiden Regionen wagte ich nicht meinen Geschmack geltend zu machen. Die beigelegte Tischglocke hat den Zweck, Dir etwas mehr Bequemlichkeit, und den Dienstboten flinkere Beine anzueignen.
Unsrer Lisbeth ist erstens Goethes Wahrheit und Dichtung in schöner Ausstattung zum Genuss und eifrigen Gebrauch anempfohlen. Möge es mir sodann gelungen sein, die Grösse Deiner Hand richtig abgeschätzt zu haben: die hiesigen Damenhände, die ich zu Rathe zog, waren alle zu gross. Der „Tyroler“, unser Haupthandschuhmensch, bezeichnete mir schliesslich die gewählte Sorte als Kinderhandschuh: was ich der 24jährigen Jungfrau hier als Schmeichelei wieder erzähle.
— Meine „Widmung“ kannst Du ohne Besorgnisse annehmen: in die Öffentlichkeit kommt von diesem Scherze nichts. Nur dass Wenkel und Frau Ritschl Exemplare mit der Widmung bekommen sollen, hoffentlich mit Deiner Zustimmung.
Endlich vermuthe ich, dass aus der „getheilten Haut“ für Dich ein Winterüberziehrock geworden ist.
Das beigelegte Gebäck ist baslerisch und weit berühmt.
Vielleicht erlebt es mein Schächtelchen, vor dem hellen Lichterbaume ausgepackt zu werden: und freilich möchte ich lieber selbst unter ihm stehen!
Fr.