1869, Briefe 1–633
34. An Curt Wachsmuth in Göttingen
<Naumburg,> 14 Okt. 1869.
Geehrtester und lieber Herr Collega,
da ich diesen Winter in Basel die Geschichte der älteren griechischen Philosophen lesen werde, und zwar an der Hand des Laertius Diogenes, so habe ich endlich wieder Gelegenheit, der Herstellung dieses Schriftstellers eindringlich Zeit und Kraft zu widmen.
Dieser Vordersatz soll nur eine leicht zu errathende Bitte einleiten, die ich an Sie richten möchte, im Vertrauen auf Ihre, mir schon öfter bewährte, hülfreiche Gesinnung.
Ich gehe dabei von der Voraussetzung aus, daß die Absicht, den genannten Autor später herauszugeben, bei Ihnen noch nicht wankend geworden ist, und daß es mir also möglich sein dürfte, Ihnen einmal bei dieser Intention etwas Dienstliches und Angenehmes zu erweisen. Naturgemäß bekommen Sie Alles zu Händen, was zur Emendation dieses Autors mir bereits vorliegt oder was ich noch etwa Glaubhaftes in dieser Region entdecke.
Werden Sie es nun, nach dieser ernst gemeinten Vorbemerkung, für erlaubt halten, daß ich Sie um Übersendung des handschriftlichen Materials für den einschlägigen Theil des Laertius (Buch I II III VIII IX) ersuche?
Sagen Sie mir doch unverholen Ihre Meinung darüber!
Mit angelegentlichem Gruß an Sie und Ihre Frau Gemahlin
bin ich
Ihr ganz ergebener
Friedr. Nietzsche Dr.
Vom 18ten Oktober an bin ich wieder in Basel.