1882, Briefe 185–366
238. An Paul Rée in Stibbe
<Naumburg, vermutlich 10. Juni 1882>
Inzwischen, mein lieber lieber Freund, war ich krank — ja ich bin es noch. Daher auch heute nur wenig Wörtchen!
Ich halte es nunmehr für festgestellt, daß Frl. Lou bis zur Bayreuther Zeit in Stibbe ist — jedenfalls daß sie mit Ihnen und Ihrer Frau Mutter bis zum angegebenen Termine zusammen bleibt? Ist dies die richtige Auffassung der Lage?
Auf welche Weise wird sie denn nach Bayreuth zu befördern sein? Oder combiniren Sie selber vielleicht Pläne, welche südwärts führen (Engadin?)?
Ich selber denke daran, Anfang Juli mich gewissermaßen nach Wien auf den Weg zu machen: das heißt, einen Sommeraufenthalt in Berchtesgaden zu versuchen — vorausgesetzt, daß ich keinerlei Dienste vorher zu leisten habe. Im Ganzen bitte ich Sie dringend, von unserem Winter-Vorhaben gegen Jedermann zu schweigen: man soll von allem Werdenden schweigen. Sobald etwas zu zeitig davon verlautet, giebt es auch Gegner und Gegen-Pläne: die Gefahr ist nicht gering. —
In Deutschland, merke ich leider, ist es für mich schwer, incognito zu leben. Thüringen habe ich ganz aufgegeben.
Ich möchte möglichst bald hören, was ich zu thun und zu lassen habe, damit ich über meinen Sommer verfügen kann. Naumburg ist ein fürchterlicher Ort für meine Gesundheit.
Adressiren Sie, liebster Freund, Ihre nächsten Zeilen nach Leipzig, poste restante.
Verzeihung für diese vom Geiste der Krankheit überhauchte Schreiberei!
In summa haben wir Beide es doch sehr gut; wer hat denn ein so schönes Projekt vor sich, wie wir?
M<anu>s<cript> ziemlich fertig: aber immer noch unedirbar. Mihi ipsi scripsi.
Adieu!
Von Herzen
Ihr F. N.