1874, Briefe 339–411
367. An Carl von Gersdorff in Gnadenberg
<Basel,> 1 Juni 1874.
Mein liebster bester und allergutster Freund, eigentlich bin ich ein wenig böse, dass Ihr mir gar nicht glauben wollt, dass es mir gut, ordentlich und gebührend geht. Freilich nicht gerade „sehr gut“, Censur Nr. 1 — aber was will man auch hier unter dem wechselnden Mond? Vielleicht bringe ich es aber, aus Trotz gegen Euch, noch zur Nr. 1.
Also nur keine Besorgnisse.
Herzlichen Dank für Deine beiden Briefe und insbesondre über Deine Bayreuther Mittheilungen. Ich habe mich einen halben Tag an dem Gedanken berauscht, mit Dir dort zusammenzutreffen. Es ging aber nicht! — Bitte, schreibe doch einmal ein Wörtchen an den armen Rohde, der recht bedenklich schweigt, ich weiss dass es ihm dann übel geht — und neulich schrieb er einmal wirklich erschütternd traurig. Der verdient solche Briefe, wie Ihr sie mir schreibt — ich verdiene sie gar nicht!
Wirklich himmlisch ist der Gedanke, Dich und die Bayreuther in einer Heiraths-Überlegungs-Commission zusammen sitzend zu denken! Ja-a-a-aaber! muss ich da doch auch sagen, besonders wenn es auf den Rath hinausläuft, es gäbe viele Weiber, das rechte zu finden sei meine Sache. Soll ich denn wie ein Ritter einen Kreuzzug durch die Welt machen, um nach jenem von Dir so gelobten Lande zu kommen? Oder meinst Du dass die Weiber zu mir kämen, zur Musterung, ob sie die rechten wären? Ich finde dies Thema ein wenig unmöglich. Oder beweise das Gegentheil und mache einmal für Dich die Nutzanwendung. —
Im Sommer will ich also nach Bayreuth gehen: nur fürchte ich an der Hitze zu leiden. Wir haben hier eine in dieser Hinsicht ganz eindrucksvolle Witterung.
Leb wohl, leb wohl, Getreuer
Unbesorglich-sein Sollender!
Dein Fridericus.