1874, Briefe 339–411
358. An Franziska und Elisabeth Nietzsche in Naumburg
Basel Sonntag. <12. April 1874>
Meine liebe Mutter und Schwester,
es geht mir ganz gut, ich bin nicht krank, habe Eure Briefe auch bekommen, konnte mich aber aus vielen kleinen Gründen nicht entschliessen, durch eine Antwort die Sache schnell zu entscheiden. Eigentlich wollte ich diese Ferien nicht verreisen, nachdem der Plan mit Naumburg sich zerschlagen hat. Zudem bin ich in Arbeiten, besonders für das Sommersemester, die in einer fremden Pension nicht gefördert werden könnten. Überdies graut mir geradezu vor dieser Pensions-Ungemüthlichkeit, für die ich doch nur 9 Tage hätte (nämlich Donnerstag den 23 April Abreise von hier, Sonntag den 3 Mai retour) Also: ehrlich gesagt, ich schlage Euch vor, den Gedanken einer Heidelberger Zusammenkunft aufzugeben. Dafür bitte ich unsre Lisbeth, ihre Ankunft hier doch ja für den 23—25 festzuhalten, damit wir noch ein paar Ferientage zusammen geniessen können.
Ihr seht, ich bin noch gar nicht in Ferienstimmung, bis gestern habe ich noch Stunden gegeben, die nächste anderthalb Woche ist dem Examen gewidmet.
Ihr seid mir doch nicht böse? — Nun noch eine Bitte in Betreff Haverkamp. Er soll mir einen hübschen Rock und einen guten Sommerüberzieher machen. Dazu eine Weste. Sucht nur die Stoffe und Farben aus.
Den Vortrag des Prof. Plüss aus Schulpforte wünsche ich nicht zu lesen, ich bin froh, wenn ich nicht dazu gezwungen werde. Also bringe mir ihn ja nicht mit, liebe Lisbeth.
Verzeiht mir heute das Billetchen, dazu meine absagende Antwort und denkt recht in Freundlichkeit
Eures Fritzen.