1875, Briefe 412–495
419. An Elisabeth Nietzsche in Naumburg
Basel Dienstag. <26. Januar 1875>
Liebe Lisbeth,
ich habe mich sehr gefreut dass Du Dich kurz und gut entschlossen hast; ich legte grossen Werth darauf, dass Du es thatest, zuletzt bleibt es eine Art von hoher Schule für Dich; ich weiss keinen anderen Weg, wie Du so recht gründlich in alle meine Beziehungen eingeweiht werden könntest. Und so wird es für unsre Zukunft gut sein, dass es so gekommen ist. Ich freue mich darüber, wenn ich daran denke. — Je natürlicher Du Dich zeigst, um so leichter wird es Dir werden; denn nur das Festhalten einer Rolle ist schwer, bei W<agner>’s aber nützt es nichts Rollen zu spielen. Niemand verlangt von Dir, Frau Wagner zu ersetzen. Nimm es also einfach, die Kinder sind sehr gut; übrigens ebenfalls die Dienstboten.
Wenn ich denke, welche mannigfache Verpflichtung ich später einmal gegen Wagner’s Familie haben könnte, so erscheint es mir sehr wichtig, dass Du recht gut bekannt und eingewöhnt bist. —
Die Zeitungen bringen jetzt die genauen Zeitansätze für die grossen Proben in diesem Sommer und die Aufführungen im nächsten Jahre. Es ist alles wie zugeschnitten für die Baseler Ferien, es passt herrlich. Es heisst, beiläufig „der Ring des Nibelungen“. Ich bin meines einzigen Exemplars das ich besass in Würzburg beraubt worden; jetzt habe ich nur die Gesammtausgabe. Über eine eigne Vorbereitung dafür habe ich gelacht.
Heinze ist seit einigen Tagen nicht wohl und liest keine Collegien.
Bis Fastnachten wird die französische Übersetzung meines „Schopenhauer als Erzieher“ fertig.
Ich war bei Frau Sarasin einen Abend eingeladen, bei La Roche-Burckhardts (nicht den Dir Bekannten), Freitag bei Hagenbach-Bischoffs.
In Betreff des 2t Febr. bin ich völlig einverstanden. Du wirst also noch in Naumburg zur Feier des Tages sein.
Dir und unserer guten Mutter
die herzlichsten Grüsse
Deines
Fritz.