1876, Briefe 496–584
543. An Carl von Gersdorff in Hohenheim
<Basel, 21. Juli 1876>
Liebster guter Freund, Du hast mich sehr ergriffen durch Deinen Brief, ich danke Dir von ganzem Herzen. Du weisst wirklich besser als irgend einer, wie mir zu Muthe ist. — Das Buch hat sich legitimirt, ich denke mit grosser Ruhe daran. W<agner> schrieb „Freund! Ihr Buch ist ungeheuer! Wo haben Sie nur die Erfahrung von mir her? usw“. Auch Frau Wagner und Jakob Burckhardt haben Zeugniss abgelegt. —
Und Rohde’s Verlobung? Ja es giebt Wunderbares zwischen Himmel und Erde! „Das Gute siege“, sagt Aeschylus. —
Unverschämte Bedingungen von Bayreuth aus haben mich genöthigt, meine Wohnung dort zu kündigen. Kann ich die eine Woche, wo Du ein Zimmer frei hast, bei Dir wohnen?
Ich gratulire Dir zum Overbeckschen Kunstwerk, an dem ich eine Freude gehabt habe, wie ich sie mir kaum zutraute. Durch Geist, Witz und Zartheit des Gedankens hast Du alles, was Overbeck sonst bekommen hat, aus dem Felde geschlagen, davon bin ich überzeugt. Es ist eine ganz vornehme Schenkung, eine Art Adelsdiplom der Freundschaft.
Lebe wohl, Getreuester!
F N.
Gesundheit von Tag zu Tag jammervoll! Was soll’s nur werden! — Sonst wunschlos, wahnlos! —