1876, Briefe 496–584
522. An Mathilde Trampedach in Genf
Basel 15 April. <1876>
Hochverehrtes Fräulein
Sie sind grossmüthig genug, mir zu verzeihen, ich fühle es aus der Milde Ihres Briefe heraus, die ich wahrhaftig nicht verdient hatte. Ich habe so viel im Gedenken an meine grausame gewaltsame Handlungsweise gelitten, dass ich für diese Milde Ihnen nicht genug dankbar sein kann. Ich will nichts erklären und weiss mich nicht zu rechtfertigen. Nur hätte ich den letzten Wunsch auszusprechen, dass Sie, wenn Sie einmal meinen Namen lesen oder mich selber wiedersehen sollten, nicht nur an den Schrecken denken möchten, den ich Ihnen eingeflösst habe; ich bitte Sie unter allen Umständen daran zu glauben, dass ich gerne gut machen möchte, was ich böse gemacht habe.
In Verehrung der Ihrige
Friedrich Nietzsche