1876, Briefe 496–584
505. An Paul Rée in Stibbe
<Basel,> 3 März 1876.
Mein lieber neugewonnener Freund,
keine Antwort, sondern nur das Symbol einer solchen, denn es geht mir eher schlechter als besser; wie einer, der sich unter der doppelten Tyrannei des Schmerzes und der Langeweile befindet, es erwarten muss. Gersdorff kommt nächsten Montag — erst Montag! ich bin ungeduldig.
Ihr Besuch hat mir das aufrichtige Bedauern hinterlassen, nun wieder etwas zu kennen, was mir in Basel fehlt, einen Menschen, mit dem man über „den Menschen“ sprechen kann. Wollen wir dieses, ich denke gemeinsame Bedürfniss als die Basis einer Freundschaft nehmen und die Hoffnung öfteren Zusammenseins darauf gründen? Es wäre mir eine hohe Freude und ein grosser Gewinn, wenn Sie hierzu Ja! sagen wollten. Sehen wir dann zu, wie viel persönliche Offenheit eine so fundirte Freundschaft vertragen kann! Ich mache es mir nicht so leicht, Ihnen dieselbe einfach zu versprechen — wer kennt sich genug, um ein solches Versprechen immer halten zu können. Aber wohl wünschte ich von Herzen, eine jede Offenheit Ihrerseits zu verdienen, wo immer Sie Lust haben sollten, mir sie zu schenken. — Es bedarf zu Allem noch der Gewohnheit und Sie als der Freiere müssen den guten Willen haben, wieder einmal in Basel länger vor Anker zu liegen. Von Ende August an bin ich wieder hier.
Leben Sie wohl, mein lieber Freund und nehmen Sie meinen und meiner Angehörigen herzlichen Dank für Ihren Besuch!
F. N