1876, Briefe 496–584
503. An Carl von Gersdorff in Hohenheim
<Basel, 24. Februar 1876>
Nun höre einmal, liebster Freund, mich an! Der Brief von Frau W<agner> verändert die Lage und glücklicherweise nimmt meine Gesundheit täglich zu, so daß ich jetzt Dir einen zweiten Vorschlag mache. Immermann nämlich ist meiner Absicht entgegen, mich an einem Winkel des Genfersee’s niederzulassen und räth mir Zerstreuung und Bewegung von Ort zu Ort an. Was ich mir nun diese Nacht ausdachte, hat auch die Zustimmung meiner Schwester erlangt, ist also meinem jetzigen Befinden nicht mehr widersprechend (was es noch vor 14 Tagen gewesen sein würde) Also: ich hole Dich am 28 Febr. in Hohenheim ab und wir fahren zusammen gen Wien. Ich nehme an, daß Du dort der Gast Deines Freundes sein wirst und denke, daß ich durch seinen Rath ein bescheidenes Unterkommen in einem benachbarten Gasthofe finden werde. Wir nehmen ein Rundreisebillet für 30 Tage von Stuttgart aus (über Ulm Augsburg München Salzburg Linz Wien Linz Passau Regensburg Nürnberg Nördlingen Stuttgart) II Kl. 39 Gulden süddeutsch. W<ährung>.
Es steht nun ganz bei Dir, zwischen den Vorschlägen zu wählen oder etwas Drittes vorzuschlagen. Nur bitte ich Dich so herzlich wie möglich, wenn Dir aus irgend einem Grunde das Alleinreisen und die Trennung unsrer Ferienprojekte erwünscht ist, mir dies zu sagen. Wir sind ja so glücklich, offen sein zu dürfen, ja uns nicht einmal unter uns entschuldigen zu müssen.
Also gebrauche das Vorrecht der Freiheit der Gesinnung.
Schreibe mir schnell eine Antwort, auch darüber ob es vielleicht bequemer ist, in Stuttgart zusammenzutreffen und mit welchem Zuge. Nach Bayreuth verrathe von meinem Kommen nichts, ich freue mich diesmal angenehm zu überraschen.
Der Deinige.