1861, Briefe 202–291
291. An Franziska und Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Pforta, Dezember 1861>
Wie hübsch war es doch, daß wir uns gestern etwas länger sprechen konnten. Ich bin ganz zur rechten Zeit wieder in Pforta angelangt; der Weg war nicht mehr so schmutzig wie am Vormittag. Ich sende euch außer meherer schmutziger Wäsche auch einen Brief, den ihr an Wilhelm oder Gustav abgeben möcht. die Zeit vergeht übrigens doch allzu langsam, seit gestern erst ein Tag! Wie lang wird’s da noch bis Weihnachten sein! Ich habe übrigens den Gedanken, daß wir doch in den Ferien Wilhelm und Gustav einmal Abends zum Thee einladen könnten. Du wirst es doch wohl erlauben? Im Betreff meiner Wünsche muß ich noch erwähnen, daß die Lieder Mignons, des Harfners, und Philinens op. 98a. sind, was bei der Bestellung nicht zu vergessen wäre. Ich habe jetzt eigentlich rechte Hoffnung in Betreff meiner Wünsche und die laßt nicht zu Schanden werden. die ersten 8 Tage werde ich noch sehr viel zu thun haben, das ist mir ganz klar, wenn ich nur alle Morgen von ½10—12 und Nachmittags von 1—3 allein sein kann. — Bekommen wir denn gar keine Stollen von irgend wem geschenkt? — Habt ihr denn Tinte, damit sie, wenn ich da bin, nicht fehlt? Könnt ihr mir nicht aus Pobles den Don Juan herbeischaffen, der das Unglück hat, immer vergessen zu werden? Diesmal wollen wir übrigens zu Neujahr aufbleiben und uns mit allen vorher darauf einrichten, wir können Theaterstücke lesen, Thee trinken, Verse machen, Klavier mit vier Händen und vier Beinen klimpern, unsre pyramidalen Todtenkränze mit den berühmten 1444 Plätzchen von einem Ei abtanzen. Kurzum alles machen, nur nicht schlafen! Bis jetzt haben wir noch in diesem Logis nichts zu stände gebracht, es soll aber schon werden. — Aepfel wollen wir nicht an den Baum hängen, aber Nüsse und Zuckerwerk. — Soll ich vielleicht den Tanten draußen die eigentlich für Tante Rosalie bestimmte Zeichnung schenken? Sonst habe ich euch nichts weiter zu schreiben, beeilt euch indessen mit Weihnachtsvorbereitungen, damit es nicht zu spät wird. Schenkt mir nur recht viel, auch allerhand Kleinigkeiten, z. B. ein Notizbuch, mein jetziges ist ganz voll und dann Notenpapier in der mir beliebten Façon, das muß aber bestellt werden, da es nicht vorräthig ist. Nun lebt recht schön wohl!
Viele Grüße
von mir!
Dein Fritz!
Ich hatte die Unterschrift vergessen.