1861, Briefe 202–291
223. An Edmund Oebler in Gorenzen
<Pforta, Anfang April 1861>
Lieber Onkel.
Auch Du hast mich zu meiner Konfirmation mit so herzlichen Glückwünschen begleitet und mit so schönen Gaben beschenkt. Ich sage dir dafür meinen herzlichsten Dank. Dieser ernste und heilige Tag möge mir in meinen ganzen künftigen Leben immer vor der Seele schweben und mich an die feierlichen Gelöbnisse und Bekenntnisse erinnern, die ich damals abgelegt habe! Auch Deine schönen Bücher mögen dazu beitragen, das Gedächtniß an jene wichtigen Augenblicke zu erneuern. Den Hergang der feierlichen Handlung will ich dir mündlich einmal erzählen; denn ich hoffe sehr, daß wir uns nächste Hundstagsferien sehen, wenn auch nicht in Deinem lieben Gorenzen, so gern ich auch dort sein möchte, so doch auf einer gemeinsamen Reise nach Plauen, die Du, wie ich vom Onkel Theobald gehört habe, unternehmen willst. Ich befinde mich jetzt wieder in Pforta, nachdem ich die Ferien in Naumburg wohl verlebt habe. Ich bin jetzt Primus von Untersecunda, hoffe also, Michaeli mit nach Obersecunda zu kommen.
Grüße die liebe Tante von mir herzlich und danke ihr in meinen Namen viele mal für das schöne und tiefe Buch. Auch die lieben Kinder grüße viele mal von dem Vetter Fritz. Frau Winter, der liebe Herr Kantor und wer sich sonst noch meiner erinnert, gleichfalls. Nun lebe recht wohl, lieber Onkel! Es dankt dir und denkt oft an Dich
Dein dich herzlich liebender
FWNietzsche