1861, Briefe 202–291
246. An Rosalie Nietzsche in Naumburg
<Pforta, 17. oder 24. Juni 1861>Montag, Mittag um 2 ¾ Uhr.
Liebe Tante!
Bei diesen strömenden Regengüssen erscheint es mir höchst zweifelhaft, ob ich Dich, liebe Tante vor Deiner Abreise nach Plauen noch einmal sehe. Das würde mir zwar höchst leid thun, da ich auch nicht hoffen kann, dich in den Hundstagsferien etwa in Plauen zu treffen; denn mit meiner Plauenreise wird es, wie mir die Mamma gestern erzählt hat, wohl nichts werden. Ich wünsche dir deßhalb zuerst eine rechte ruhige und angenehme Reise, schönes Wetter und theilnehmende Reisegefährten. In Plauen magst Du alle lieben Verwandten recht wohl und heiter antreffen, dich selbst recht in ihrer Gesellschaft und der reizenden Natur ergötzen. Ich bitte, die lieben Tanten, auch Tante Ida, so wie alle andern lieben Verwandten recht herzlich von mir zu grüßen und ihnen zu versichern, daß ich mich sehr darnach sehnte, einmal nach Plauen zu reisen. Wenn Du dich in der lieblichen Umgegend und in Triebel recht amüsirst, so denke an mich, liebe Tante! Ich möchte so gern dort mit dir herumlaufen und die lieben bekannten Orte aufsuchen. Wenn dir es möglich ist, grüße das Fichtelgebirge und Böhmen vielemal von mir!
Die Zeit drängt! Hoffentlich wird das
Wetter wieder schön!
Bleib aber nicht gar zu lang in Plauen, liebe Tante, sondern denke immer, wie sich auf Deine Rückkehr freut
Dein dich herzlich liebender
FWNietzsche