1861, Briefe 202–291
281. An Franziska und Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Pforta, 12. Oktober 1861>
Liebe Mutter.
Ich danke dir für den aller ings ein wenig kurzen Brief; es ist doch keine hübsche Einrichtung mit dem Sonnabendkistenschicken; denn dadurch werden die Briefe sehr kurz. Ich bedarf der Hefte sehr nothwendig, bis zum Dienstag sende sie mir ja, die Kiste brauchst du dazu doch nicht. Wie steht es denn mit dem Taschengeld? Du hast mir gar nicht geantwortet. — Ich schreibe jetzt übrigens wieder mit Gänsefedern; es ist das aller bequemste und ich habe mich jetzt völlig daran gewöhnt; du könntest mir ein paar mitsenden. —
Morgen gehe ich, wie du weißt zum heiligen Abendmahl und kann euch also nicht sehen, so sehr ich es wünschte. Nun aber der schöne, langersehnte Freitag wird schon herankommen. die Kiste brauche ich dir vor Donnerstag doch nicht zu senden du wirst sie doch wahrscheinlich erst heute über 8 Tage brauchen. Ich freue mich übrigens ungemein auf den Freitag; wir sehen uns doch in unsrer Wohnung oder wollt ihr zu den Tanten kommen? Am liebsten wäre mir doch zu Hause. — Wenn ich den Onkel Oscar gesehen hätte, würde ich mich sehr gefreut haben; seine Ferien sind nun auch in ein paar Wochen zu Ende. Da du übrigens nach Maßnitz reist, so grüße und glückwünsche in meinem Namen recht schön; es thut mir doch sehr leid, daß ich nicht mit hinkommen kann. Auch alle sonstigen lieben Anverwandte grüße recht herzlich von mir; es wäre doch so schön, wenn auch ich und Lisbeth mit hinreisen könnten. — Vielleicht kannst du mir meinen Don Juan mitbringen, wenn es dir möglich ist. — Hast du übrigens an Max Heinse geschrieben? Es wäre doch vielleicht wünschenswerth gewesen. Nun noch ein spezieller Auftrag für Lisbeth, der aber die höchste Eile hat. Ich bedarf zu einer deutschen Arbeit über Hölderlin nothwendig seine Biographie, sie liegt in meinem Bücherkasten. die Kamera obscura habt ihr mir auch nicht gesendet. Alles erwarte ich spätestens Dienstag, wo ich übrigens durchaus keine Gratulation haben will, aber auch mit keiner Sylbe. Denn mein Geburtstag ist erst Freitag. Es wird übrigens Zeit sein, aufzuhören; es geht mir ganz wohl, mag es euch immer auch so gehn. Also immer noch keine Besserung? Das ist schlimm. Grüß den Onkel recht schön von mir, Lisbeth gleichfalls, die mir vielleicht Dienstag das Betreffende besorgt.
So lebt recht wohl!
Euer Fritz.
Die Kiste ist etwas defeckt, du wirst es bemerken.