1861, Briefe 202–291
202. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Pforta, zweite Januarwoche 1861>
Ich habe deinen lieben Brief und die Kiste richtig wenn auch etwas spät, erhalten. Hast du denn schon an Hr. Insp. Niese geschrieben? Alle andern hatten Briefe aus den Ferien mitgebracht; also bitte, schreib sobald es dir irgend möglich ist. — Es ist jetzt eine recht kalte winterliche Zeit; ich denke immer noch häufig an die schönen Ferien und die angenehmen Stunden, die wir verlebt haben. Meine Stolle und meine Aepfel sind leider alle. — Wir wollen uns jetzt in unsrer Stube Zeitungen halten und zwar der Billigkeit halber den hallischen Courir. — Daß wir uns vorigen Montag nicht gesehn haben, that mir sehr leid; ich hatte aber Klavierstunde und als ich es darnach erfuhr, wart ihr schon wieder fort. Ist denn der Onkel Edmund und Tante Ida dagewesen? — Ich schicke heute die Kiste mit Wäsche und soweiter. Bitte sende sie mir doch Sonnabend wieder mit Wäsche und anderm. Hast du den Kofferschlüssel, Koffer und Brief erhalten? Wie geht es dennLisbeth mit ihrem Fuß? Besucht sie schon wieder die Schule? — Schreib mir doch auch, wo wir uns nächsten Sonntag sehen? Wenn die Kälte nicht allzu groß ist, hoffentlich in Almrich. Grüße Lisbeth viele mal, liebe Mamma! Lebt recht wohl!
Dein FWNietzsche.
NB. Dies hätte ich gestern geschrieben, liebe Mamma. Nun kamst du aber gestern mit deinem lieben Besuch selbst; es hat mich ungemein gefreut. Wenn es nur etwas länger gewesen wäre! Schreib mir ja noch, wo wir uns Sonntag sehen. (Spaziergang von ¼ 3—¼ 45.) Vielleicht sendest du mir auch wieder eine Portion Äpfel, damit ich doch in meinem Schrank etwas vorräthig habe.
Dein FWN.