1861, Briefe 202–291
245. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Pforta, Mitte Juni 1861>
Liebe Mutter!
Heute will ich dir etwas genauer schreiben, als neulich, wo es in höchster Eile gieng. Zuerst will ich gleich erwähnen, was ich noch alles brauche, Handtücher, deren ich jetzt bei den täglichen Baden mehr brauche, die Stiefeln, da auch meine andern zerissen sind, Seife, Hemd und Vorhemd, Serviette, usw. Vor den Hundstagen muß ich mir auch noch ein paar Stiefeln machen lassen, ebenso einen Sommerrock, da die schwarzen schweren Tuchsachen zu warm sind. Am besten wohl so ein ganz dünner Reisemantel, der wenig belästigt.
Wie es übrigens mit dem Reisen wird, das will mir noch gar nicht einleuchten. Schließlich werde ich wohl ganz zu Hause bleiben. Die erste Woche bleibe ich jedenfalls da, denn ich will viel in den Ferien arbeiten. Ich freue mich schon immer, wenn ich an mein Stübchen denke; macht nur, daß es auch Wahrheit wird! Noch sind es 15 Tage; es herrscht schon allgemeine Erwartung aber ich habe jetzt viel, viel zu thun. Giebt es denn noch keine Kirschen? die kommen ja furchtbar spät diesmal. Wie wirds nächsten Sonntag? Nach Naumburg zu gehn ist bei dem heißen Wetter nicht zu verlangen, wollen wir uns nicht einmal in dem Wald von Pforta treffen oder sonst in der Nähe? Schreibe mir darüber, liebe Mamma! — Wenn die Hundstage nur nicht so warm sind! Ich will fabelhaft früh aufstehn und im Freien spazieren gehn oder arbeiten, das soll schön werden! Abend werde ich immer baden gehn. Schöne Partien wollen wir zusammen machen, und wenn ich auch weiter nicht verreise so werde ich doch wieder nach Gorenzen wandern. Bitte, schreib mir einmal Deine Gedanken über die Plauenreise! Vielleicht machen wir sie beide zusammen. — Nun lebe wohl grüße Lisbeth vielemal, schickt mir ihr Bildniß mit, schickt die Kiste mit der Wäsche, vielleicht auch noch was anderes, schreibt recht ausführlich und denkt oft an
euren FW.
der sich fabelhaft auf die Ferien freut!