1887, Briefe 785–968
862. An Franziska Nietzsche in Naumburg (Fragment)
<Sils-Maria, Mitte Juni 1887>
[+ + +] <an Lisbeth habe ich von> Chur aus geschrieben, ich denke, daß der Brief zum Geburtstage in ihren Händen sein wird. Es ist ein Jammer, Brief für Brief immer nur Nein schreiben zu müssen: man sollte mir das ersparen und gar nicht mich um Geld angehen.
Meine liebe Mutter, obwohl Du mir erst kürzlich ein schönes Kistchen geschickt hast, so bitte ich Dich heute nochmals um ein Kistchen: nämlich mir wäre Schinken (die feinste Schinkenwurst) sehr nützlich und insgleichen möchte ich der kleinen Adrienne ein hübsches (ansehnlicheres) Geschenk machen. Die Leute hier im Hause sind gut gegen mich, und Dein altes Thier hat wenige Winkel auf der Erde übrig, wo die Leute gegen ihn gut sind. Natürlich rechnest Du mir die Unkosten an, die es macht: mir wäre aber ein Kästchen mit 12 Dutzend Stahlfedern sehr erwünscht, aber genau dieser Adresse entsprechend (man wird sie aus Berlin bestellen müssen —)

S. Roeder Hoflieferant, Berlin
Stahlfeder Nr. 15. Breit
Es sind die einzigen Stahlfedern, mit denen ich schön schreiben kann (so schön wie z. B. dieser Brief geschrieben ist)
Es mag sehr heiß bei Euch sein: auch hier ist es warm, trotzdem daß der Schnee noch tief hinunter geht und hinter meinem Hause der Rest einer Lawine liegt. Mir scheint es aber lästig schwül: so daß ich viel weniger als sonst gehe. Dies hängt aber wohl von meiner Schwäche ab.
Natürlich bin ich ganz allein, bei weitem der erste Gast. —
Der alte General Simon ist gestorben. — Herzlich und dankbar Dein altes
Geschöpf.