1880, Briefe 1–73
38. An Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Marienbad, 7. Juli 1880>
Meine geliebte Schwester, ich hätte Dir wohl etwas zu senden, um auch meinerseits unter den Feiernden Deines Geburtstages geziemend vertreten zu sein: heute aber, wo ich mir die Sache genau überlege, sehe ich nicht ein, wie ich den angedeuteten Gegenstand (+), eine Erinnerung an Venedig, unzerbrochen in Deine Hände befördere; hier habe ich anjetzo Niemanden, der mir in solchen Dingen zu Rathe ist, und so scheint mir das Rathsamste, bis auf unser Wiedersehen zu warten — was mir freilich sehr leid thut. So mögen denn meine allerherzlichsten Glückwünsche ihren Weg allein zu Dir laufen: und vielleicht dauert es nicht zu lange, da feiern wir den 10 Juli noch einmal — in diesem Jahre, wo alle Monatstemperaturen durch einander laufen und jetzt zB. ein ganz artiges Spät-Oktober Wetter herrscht, muß alles erlaubt sein. — Ich habe Kopfschmerz und darf nicht mehr schreiben. Das ist freilich nichts, meine liebe Lisbeth, aber mit mir ist überhaupt nichts mehr, leider, leider. Genug, daß ich Marienbader Wasser und Wälder gebrauche und in beiden Dein Fest zu feiern versuchen werde
In Liebe Dein Bruder.
(+) etwas blaue Seide und etwas Silber ist dran, Venediger Arbeit, sieht hübsch aus und ist unnütz, wie alles Hübsche.