1879, Briefe 790–922
873. An Elisabeth Nietzsche in St. Aubin (Postkarte)
<St. Moritz, 14. August 1879>
Von 11 Tagen, liebe Schwester 8 Anfallstage, 5 davon im Bett zugebracht — so steht es seitdem; Du kannst Dir alles dabei denken. Ein Anfall hinderte mich, abzureisen (Ausflug in’s Unterengadin). Als ich endlich reiste, mußte ich an der Station 1½ Stunde nach meiner Ankunft mich legen und blieb bis zum dritten Tag liegen! Dann reiste ich traurig, bei Regen, zurück — eine der schmerzhaftesten und theuersten Reisen. Dein Brief kam recht als Ermuthigung: ich bedarf sie sehr und weiß mitunter nicht, wie ich den Alpdruck der Existenz noch tragen soll. Heute habe ich die Trinkkur hier angefangen — um nicht thatlos zu sein (da ich rathlos bin). Gestern sandte ich etwas Nachträgliches und sehr Bescheidentliches!! zum Geburtstag an Dich ab. — Für Naumburg habe ich eigentlich abgeschrieben: geht es aber immer noch schlechter, so reise ich doch nordwärts. Wann würdest Du ungefähr in Genua sein? (Ich verlange so nach Dunkel, meine Augen vertragen die Spaziergänge nicht mehr. Lies im Italienbuche über Ariccia nach, viell<eicht>: Novemb<er> und Dezember? Stillschweigen über Winterprojekte!!!!
Ist denn in Zürich die Schreibmaschine? — Schreib getrost an Fr. Rothpl<etz>, ich weiß schon Dein Zimmer.
Overbeck kommt nicht. Es ist zu theuer!