1871, Briefe 118–182a
154. An Elisabeth Nietzsche in Wiesbaden
Basel. <15. September 1871>
Nun, meine liebe Lisbeth, sollst Du das Schema meiner Reise zu Euch kennen lernen. Ich habe gesucht, so viel Tage zusammen zu scharren als nur irgend möglich ist. Durch Vertauschen von Pädagogiumsstunden ist es mir jetzt gelungen, noch einige Tage früher abreisen zu können. Während ich nämlich, nach unserer früheren Verabredung am Sonnabend Abend Basel verlassen wollte, thue ich dies jetzt schon Mittwoch vorher und benutze natürlich den durchgehenden Nachtzug, der mich Donnerstag früh bereits nach Frankfurt bringt: wo ich mit Dir zusammentreffe.
Also mußt Du drei Tage früher abreisen als Du früher beschlossen hattest: was Dir hoffentlich nicht allzu schwer fallen wird. Nun aber muß auch unser Naumburger Dasein etwas frühzeitiger in Stand gesetzt werden: weshalb ich sogleich an unsere Mutter schreibe. Bist Du zufrieden? —
Dein Hurrah!geschrei wegen des mitgetheilten Projektes ist unglaublich verfrüht: ich stehe noch in dem Stadium der vorläufigsten Erkundigungen und lebe weiter als ob es nichts wäre und nichts würde.
Gestern Abend war ich bei den alten Vischers. Schöne Grüße. Auch erfuhr ich von einem Briefe, den Du an Frau Vischer-Sohn geschrieben hast.
Ungefähr mit meiner Abreise zu Euch gleichzeitig ist hier die Hochzeit meiner Wirthin. Ich flüchte vor diesem Ereigniß. Overbeck und ich machen natürlich ein Geschenk.
Romundt war drei Tage bei mir: es hat ihm sehr in Basel gefallen.
Frau Wagner hat geschrieben daß ich dich von ihr recht grüßen möchte: sie bedauere, Dich so wenig in Tribschen gesehn zu haben.
Das Semester wird einem recht sauer. Wehe dem Hund, der Leder gefressen hat! sagt der Lateiner.
Schreibe mir doch noch ein paar Worte — daß Du nämlich meinen Brief bekommen hast und zur rechten Zeit abreisen willst.
Ich grüße das Schönste und das Bedeutendste Wesen der beiden Familien
(Reminiscenz Deines Briefes!)
Addio!
Friedrich N. als Bruder.
Also meine Abreise Mittwoch den 27 Sept.