1871, Briefe 118–182a
133. An Wilhelm Engelmann in Leipzig (Entwurf)
<Basel, 20. April 1871>
Sie haben Sich mir einmal in gefälligster Weise zum Verleger angeboten: nun lassen Sie uns sehen, ob Ihnen nicht das gefällt, was ich Ihnen heute anbieten möchte Ich habe eine etwa 90 Druckseiten füllende Broschüre ausgearbeitet, die den Titel haben soll: „Musik und Tragödie“; von ihr schicke ich Ihnen den Anfang im Manuscript. Wie Sie ersehen werden, suche ich auf eine völlig neue Weise die griechische Tragödie zu erklären, indem ich einstweilen von jeder philologischen Behandlung der Frage völlig absehe und nur das aesthetische Problem im Auge behalte. Die eigentliche Aufgabe ist aber dann, Richard Wagner, das sonderbare Räthsel unsrer Gegenwart in seinem Verhältniß zu der griech. Tragödie zu beleuchten. Ich glaube versichern zu können, daß der ganze letzte Theil für unsre musikal. Öffentlichkeit von aufregender Bedeutung sein muß: vergleiche ich wenigstens das, was über das gleiche Problem etwa von Hanslick und Andern neuerdings gesagt worden ist und schließe ich nach den Wirkungen, die einzeln vorgelesene Stücke meiner Arbeit auf meine Freunde gemacht haben: so kann ich nicht anders glauben als daß das allerweiteste denkende Publikum sich für diese Schrift interessiren muß. Um diesen mich verständlich zu machen, habe ich auf die stilistische Darstellung und Deutlichkeit besonderen Fleiß gewandt.
Ich wünsche aber, daß diese Schrift durchaus als schönwissenschaftliche Broschüre behandelt werde und bitte Sie deshalb, im Falle daß sie von Ihnen acceptirt werden sollte, selbige diesem Wunsch gemäß auszustatten. Um Einiges zu nennen, so ziehe ich zu diesem Betracht deutsche Lettern und zwar große deutsche Lettern vor, großes Oktavformat, mit keinesfalls mehr als 28—32 Zeilen und vor allem — schönes Papier. Falls Sie mit mir einverstanden sind, so schicken Sie mir recht bald eine Satz- und Papierprobe: und zugleich auch einen Vorschlag im Betreff des H<onorars>.
Wir könnten sofort mit dem Drucke beginnen.