1871, Briefe 118–182a
122. An Franziska und Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Basel, 6. Februar 1871>
Liebe Mutter und Schwester,
mein Befinden hat sich sehr verschlechtert, schreckliche Schlaflosigkeiten, Hämorhoidalleiden, große Angegriffenheit usw. — Liebermeister und Hoffmann behandeln mich; es sei eine Magen- und Darmentzündung, hervorgerufen durch Überanstrengung. Ich habe die Baseler Professur recht satt. Ich muß eine Karlsbader Wasser-Kur gebrauchen, aber es bessert sich nicht. Die Ärzte verlangen jetzt, daß ich bis Ostern Basel verlasse, und in einer südlicheren Luft, ohne irgend etwas zu thun, mich wieder stärke. Wer von Euch hat nun Lust, mich zu begleiten? Denn für uns drei würde die Sache wohl zu theuer. Mir sind die norditalienischen Seen angerathen. Nöthigenfalls kann ich auch allein reisen. Mein Zustand ist, wie mir noch gestern Hoffmann erklärte, gänzlich unbedenklich, wenn jetzt gleich Abhülfe geschafft wird.
Hier ist nun der rascheste Entschluß der Beste. Jedenfalls bitte ich um sofortige Antwort.
Wie gesagt, unbedingt nöthig ist es keineswegs, daß Ihr kommt. Etwas Anderes ist es, wenn ich Euch bitten würde, den Sommer in Basel zu verleben: worauf Ihr Euch nur einrichten mögt.
Aber anfragen wollte ich doch, ob jemand mich jetzt begleiten will. Italienisch kann ich nicht, aber mit Französisch kommt man dort überall ungefähr durch.
Man wird doch als deutscher Dozent in Basel unverantwortlich ausgenutzt: bei sehr schlechtem Gehalt! Wenn es irgend eine Gelegenheit giebt, mich von hier zu entfernen, so benutze ich sie.
Wie steht es nun mit den Geld Verhältnissen? Was habe ich Ostern für Zinsen zu erwarten? —
Ich bitte mir also über Eure Gedanken die allerschnellste Mittheilung aus, da jeder Tag, den ich jetzt länger in Basel verweile, meiner Genesung im Wege steht.
Ich telegraphiere heute: wenn dieser Brief ankommt, habe ich bereits die Rückantwort und Euer Entschluß ist schon so gefaßt, daß wir etwa Donnerstag von Basel aus abreisen können.
So ordnet es Liebermeister an, der mich eben besuchte und mir Lugano empfiehlt. Wenn der Entschluß so schnell nicht gefaßt sein könne, so dürfe ich nicht warten.
Und nun mit den herzlichsten
Wünschen
Euer Fr.