1871, Briefe 118–182a
144. An Erwin Rohde in Kiel
<Basel,> 12 Juli 71.
Mein lieber Freund,
entschließe Dich kurz zu einer Bewerbung um die eben ausgeschriebene Professur der Philologie in Zürich. Ich bitte und beschwöre Dich, thue es sofort!
Die Professur lautet zunächst auf die Realfächer der klassischen Philologie und antike Kunstgeschichte.
Beginn der Professur: das Sommersemester 1872.
Die Anmeldung muß bis 31 Juli gemacht sein.
Addressiere:
Herrn Sieber, Director des hohen Erziehungswesens
in Zürich.
Anrede im Brief: „An eine hohe Erziehungsdirektion.“
Lege alle Deine Schriften und Aufsätze bei, schildere Deinen Bildungsgang recht ausführlich und überzeugend und berufe Dich so stark als möglich auf Ritschl’s Urtheil und das Urtheil Deiner Kieler Collegen, auch — si placet — auf mich und Vischer. Schreibe doch darüber an Ritschl und bitte ihn um ein testimonium. Ich bitte Dich dringend, thue alles, damit wir in die Nähe kommen. Sodann schreibe doch auch einen recht freundlichen Privatbrief nach Zürich, an Professor jur. Osenbrüggen, der mich gut kennt und gern hat und dem ich schon von Dir erzählt habe, theile ihm mit, was Du gethan hast und frage ihn was etwa noch für Dich zu thun sei.
Wir müssen alle energischen Mittel anwenden.
Ich schreibe in größter Eile, damit Du keine Zeit zu verlieren hast.
Die Bewerbung wird stark sein.
Ich reise am Samstag in die Ferien.
Addresse: Gimmelwald bei Lauterbrunnen im Berner Oberland, Hôtel Schilthorn.
Dein treuer Freund.