1873, Briefe 287–338a
337. An Franz Overbeck in Basel
<Naumburg, 31. Dezember 1873>
Lieber getreuer Freund, nur ein paar Worte aus dem alten Jahr für den ersten Tag Deines neuen Jahres. Denn ich bin Dir so viel Dank schuldig, dass ich recht verschuldet in’s neue Jahr komme und wenigstens am Sylvestertage noch meine alte Schuld bekennen muss.
Nicht wahr, wir wollen uns gut und treu bleiben, Wunsch- Waffen- und Wandnachbarn, seltsame Käuze meinetwegen im Baseler „Uhlenhorst“, aber recht friedfertige brave Uhlen. Nämlich für uns: nach aussen hin greuliches Mord- und Raubgethier, brüllende Tiger und ähnlicher Wüstenkönige Genossen.
Wirklich, ich rede bereits jüdisch-biblisch, psalmenhaft. Gott sei Dank, dass Gustav Binder nicht zuhört, (der, wie man mir erzählt, in 4 Nummern endlich fertig geworden ist und dessen Artikel ziemlich die Länge meiner Brochüre haben; zuletzt empfiehlt er mir, künftig auf Eisenblech drucken zu lassen).
Gestern war ich bei Fritzsch; Samstag erhalte ich wohl den ersten Correcturbogen. Erlebnisse mit Ritschl’s mündlich.
Gesundheit schlecht, ich lag zu Bette, und kann nicht nach Bayreuth kommen, will vielmehr in einem Zuge so schnell wie möglich nach Basel zurück.
Herzliche Grüsse der Meinigen; und nun, alter guter Kamerad Overbeck, auf Wiedersehn! Und: es lebe die Gesellschaft der Hoffenden!
Dein Friedrich Nietzsche.
Schönsten Dank für Deinen Brief.