1873, Briefe 287–338a
314. An Gustav Krug in Naumburg
Basel 21 Sept. 1873.
Nun, mein geliebter Freund, das nenne ich hinter Wolken verschwinden und mit dem Vollmondsglanze des Glücks wieder hervorkommen! In der That dachte ich oft genug mit einer zagenden Empfindung an Dich, nichts hörend und in der begreiflichen Entsagung, an die Ihr armen Examen-Menschen Eure Freunde gewöhnt. Nun ist Noth, Stillschweigen, Entsagung auf beiden Seiten vorüber, und glückwünschenden Herzens sende ich Dir heute ein Lebenszeichen. Vielleicht aber dass der schneidige Klingen-Klang (lies beim Zeus nur nicht „Klingklang“, das wäre etwas Anderes) meiner eben veröffentlichten Straussiade nicht zu Deiner festlich-blühenden Empfindung passen will — dann wirf nur das Buch einstweilen bei Seite.
Weihnachten komme ich nach Naumburg, Dich einmal auf Deine Weise holländerisch sprechen zu hören. Gesegnet sei der Thüringer Wald, das Schumannfest und all die mächtigen Alliirten einer werdenden und werbenden Minne.
Erlaube mir heute noch kurz zu sein; so bleibst Du davor behütet, mich langweilig finden zu müssen. Und welchem Liebenden dürfte man Zeit rauben und Langeweile schaffen! Dann gebieten mir meine Augen (die widerspenstigen! gefährlichen und gefährdeten!), jetzt bereits aufzuhören, während mein Herz gerade im Schusse war, Dir einen recht gemüthlichen Brief im „trägen Junggesellenton“ zu fabriciren.
Adieu! und liebt euch!
Auf Wiedersehn, getreuer guter Freund!
F N.