1873, Briefe 287–338a
328. An Eugen Kretzer in Godesberg
Basel 20 Nov. 1873.
Lieber Herr Doctor,
das war recht schön von Ihnen gedacht und gethan, mir gerade jetzt einmal zu schreiben. Zwar merke ich von einem „Kreuzzuge“ gar nichts, und Niemand kann heiterer und ruhiger seinen Tag hinleben als ich es hier mit Overbeck zusammen thue. Aber ich merke schon, dass es anderswo anders steht — ärgern Sie Sich nur nicht darüber und gewöhnen Sie Sich nur immerhin solche Sachen wie etwa den Grenzboten-Artikel als ἀδιάφορα zu lesen. Ernst bei Seite, mein Verleger freute sich sehr über den Artikel. Wahrscheinlich giebt es im alten Jahre noch eine zweite Auflage und bald im neuen Jahre eine Nummer 2 der Zeitungemässheit.
Leider geht es meinen Augen noch nicht so gut dass ich sie vergessen dürfte — sie zwingen mich Ihnen heute nicht mehr als diese Seite und einen recht herzlichen Dank zu schreiben. —
Und bitte noch Eins: lesen Sie doch Overbeck’s Schrift noch öfter, sie wird und muss Ihnen immer mehr sagen.
So mögen Sie allen guten Geistern und Ihrem eignen trefflichen Bestreben auch fürderhin übergeben sein!
Treulich Ihr
Friedrich Nietzsche.