1860, Briefe 124–201
165. An Rosalie Nietzsche in Naumburg
<Pforta, Anfang August 1860>
Liebe Tante!
Nun ich danke dir vielemal liebe Tante, daß Du mir den Bettüberzug so bald übersandt hast. Daß der Meinige nicht da war, wundert mich; vielleicht ist er noch gar nicht gewaschen. Die Mamma kommt also erst den 14ten wie sie mir geschrieben hat. Da muß ich mich also noch ein paar Tage gedulden. Ich glaubte sie würde schon in dieser Woche ankommen und hatte deßhalb einen Brief nach Naumburg geschickt, der sie gleich antreffen sollte. Ich hatte freilich mancherlei noch nöthig, aber ich weiß nicht, ob ich dich liebe Tante damit belästigen darf. Streichhölzchen, Rosenstahlfedern, ein paar Bogen Notenpapier, womöglich mit recht engen Linien, Seife, vielleicht auch etwas Kacao. Aber wie gesagt, liebe Tante, ich kann damit recht gut bis auf die Rückkehr der Mamma warten. Gestern bin ich im Walde gewesen; zum ersten Mal hatten wir da Spaziergang. Ich habe mich so ziemlich wieder in Pforta eingefunden; nur mitunter ist es mir etwas sehr traurig. Durch die neuen Einrichtungen ist schnell ein neues Leben unter alle gekommen. Wir wollen uns nächsten Sonntag, wenn Du mir noch gütig zu kommen erlaubst, recht viel unterhalten. Wäre nur etwas länger Zeit! Ich komme also ungefähr ¾ 5 zu Dir. Bis dahin lebe recht wohl! Liebe Tante! Noch meinen herzlichsten Dank!
Dein Dich innig liebender
FWNietzsche
Die Serviette werde ich mitbringen, die Leinwand mit der nächsten Kiste nach Naumburg schicken.