1860, Briefe 124–201
139. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Pforta, 16. April 1860>
Liebe Mamma!
Das war gestern recht schade, daß wir uns nicht sehen konnten, um so mehr, da jetzt 14 Tage vor den nächsten Zusammenkommen liegen. Sehr lieb war es mir aber, den Onkel Edmund zu finden, der mich zu den Hundstagsferien eingeladen hat. —
Ich befinde mich diesmal nach den Ferien nicht so wohl und kann mich noch gar nicht recht wieder hinein finden. Wie gern möchte ich eine etwas längere Zeit in Naumburg zubringen. Es ist gar zu gemüthlich!
Den Sonnabend waren wir mit Hr. Dr. Franke auf der Rudelsburg; Weg und Wetter war recht schön. —
Die Sonntagsspaziergänge fallen jetzt immer von 4—6. Da ist die Hitze doch etwas massiger. Dennoch habe ich mich aber gestern sehr dabei erhitzt. Ihr seid wohl so gut und kommt Sonntag über 8 Tage nach Almrich. —
Ich brauche allerdings jetzt Wäsche sehr nöthig; aber wenn sie noch nicht fertig ist, sende mir nur gleich morgen Stahlfedern, meine Stiefel, etwas Cacao und auch ein paar neue Hosen, aus einem Magazin gekauft. Steinkopf hat noch das Maß von den vorigen, sie müssen aber etwas kürzer sein, da ich sie sonst auch nicht anziehen kann. Meine schwarzen Hosen sind so morsch, daß sie neulich beim Kegeln ganz zerrissen. Ich habe sie jetzt beim Flickschneider. Nun lebt alle recht wohl, viele Grüße noch an Lisbeth und den Onkel!
Dein
Dich innig liebender
FWN.
Bitte schickt mir die 5 Groschen mit. Ich möchte sie mir zwar gern aufheben, aber am Anfang eines Semesters muß man viel kleine Ausgaben machen, bes. als Primus.
Auch meine grauen Hosen und meine gute Weste schickt mit, nehmt aus letzterer den Kistenschlüssel und sendet ihn mir in einem Brief!