1860, Briefe 124–201
154. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Pforta, Juni 1860>
Liebe Mamma!
Entschuldigt ja daß ich gestern bloß ein paar Worte schrieb, aber es geschah in allzu großer Eile. Daß wir uns vorigen Sonntag gesehen haben war sehr hübsch; ich war mit dem Onkel nur etwas zu langsam gegangen und mußte zuletzt sehr schnell laufen, bin auch noch gerade zur rechten Zeit gekommen; von der Schweinsbrücke bis Pforta in 17 Minuten. — Etwas neues habe ich jetzt gar nicht erlebt; das Wetter ist immer etwas allzu regenliebend und zweifelhaft. Mit dem Baden ist noch gar nichts geworden. — Hinsichtlich der Hundstage denke ich jetzt, daß ich auf alle Fälle die ersten Tage in Naumburg zubringe. Ich will übrigens in den Ferien mancherlei thun. Wenn’s in Gorenzen nur nicht allzu warm ist! — Wird es übrigens mit der Reise in den Harz nichts, so ist mirs auch recht. Parthien in die Umgegend sind auch hübsch. — Bitte, sendet mir doch den Vellejus Paterculus, einen lateinischen Schriftsteller über römische Geschichte; er ist mir jetzt, da wir römische Geschichte treiben als Quelle sehr nöthig. Das Geld werde ich wenn ich nach Naumburg komme, mitbringen. Bei Domrich wird das Buch gewiß vorräthig sein. Sonntag werde ich also Teichmanns besuchen. Schade, daß wir uns nicht sehen können! Bis Hundstage sind wenig Sonntage und dann nur wenig Tage, wo wir uns sehen! Bitte schicke mir dann bald die Kiste mit Handtüchern, und Servietten, da ich an beiden Mangel leide, und jenes Buch; schreibt mir auch wieder einmal recht hübsch ausführlich über Hundstage usw. Grüße Lisbeth und Onkel viele mal von mir. Letzteren wünsche ich stets viel Glück zur seiner Examenvorbereitung. Nun lebt alle recht wohl!
Dein FWNietzsche