1860, Briefe 124–201
128. An Franziska Nietzsche in Naumburg
(Pforta, 12. Februar 1860)
Liebe Mamma!
Ich danke dir vielemal für Deinen Brief und bin heute gesonnen, dir einen etwas größern zu schreiben, als neulich, wo die Zeit allzusehr drängte. — Du bist also noch wie mir Lisbeth erzählt hat, nach Pobles gegangen? Ich glaubte, es würde dir zu kalt sein; die Temperatur hat jetzt sich merkwürdig verändert.
Bei Frau v. Busch bin ich heute (Sonntag) gewesen; es hat mir sehr gefallen; Lisbeth wird dir wohl davon erzählt haben.
Gestern Abend war ich bei Hr. Prof. Korssen zum Besuch: wir hatten bei unsern lebhaften Gespräch die Zeit ganz vergessen, so daß uns endlich Hr. Dr. Becker mit der Laterne holte.
In voriger Woche sind in Pforta mehere Geburtstage gewesen; Braune II und Hr. Dr. Euler am Mit<t>woch, Hr. Prof. Buddensieg Donners<tag.> Letzteres erfuhr ich leider erst am Tage selbst, so daß ich es dir unmöglich mittheilen konnte. Ich freue mich jetzt sehr auf Fastnachten; ihr kommt doch zu den Aufführungen heraus? Das nähere werde ich euch noch im Verlauf dieser Woche schreiben.
Mit meiner Wäsche bin ich sehr übel daran; kein reines Taschentuch, kein reines Vorhemdchen usw. Willst du mir nicht Dienstag, spätestens Mittwoch recht viel Vorrath schicken, besonders bei gegenwärtiger Fastnachtenzeit. Soll ich nächsten Sonntag nach Naumburg kommen oder sehen wir uns nur Montag und Dienstag? Bitte, schreibe mir das alles recht bald. Lebe recht wohl!
FWNietzsche.
Heut folgen meine ganz zerissnen Stiefeln!