1863, Briefe 340–403
384. An Franziska und Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Pforta, 28. September 1863>
Liebe Mamma —
Da also unsre Zusammenkunft gestern mißlungen und in das Wasser gefallen ist, muß ich doch heute etwas schreiben, wenn ich gleich lieber von euch einen etwas ausführlichen Brief läse. Erlebt habe ich nichts als, daß ich gestern Mittag zu einem Famulusessen bei Oberlehrer Kretzschmar eingeladen war; heute sind ziemlich alle Lehrer fortgereist zu einer Philologenversammlung in Meißen. Nächsten Freitag also werde auch ich kommen, ich denke, wir wollen hübsche Tage zusammen verleben.
Was meine Wünsche betrifft, so habe ich Domrich das Buch angegeben, welches ich brauche. Es heißt „Lachmann, Anmerkungen zu den Nibelungen und zur Klage.“ Es wird etwa ebensoviel kosten. Ich habe diese Tage jetzt sehr viel zu arbeiten, und man bemerkt trotzdem nicht, daß es besonders rasch fortgienge. Das macht, es ist so vielerlei. Aber es macht mir im Allgemeinen Vergnügen, und ich wünsche nur immer, noch mehr Zeit zu haben.
Mittwoch habt ihr vielleicht Zeit und seid hoffentlich nicht ausgegangen, wenn ich kommen sollte. Nach Tische bis ½3 habe ich Spaziergang. Freitag könnt ihr mich sehr früh, jedenfalls zum Kaffee erwarten. Richtet mir ja alles hübsch ein.
Hr. Pastor Backs läßt den Onkel Theobald nochmals einladen, recht sehr einladen, ihn jetzt auf längere Zeit zu besuchen. Der Onkel mag es doch ja thun.
Von meinen Untern ist Redtel mit nach Obertertia gekommen, Backs natürlich nicht. Hoffentlich das nächste Mal.
Ich habe jetzt einen andern Untern; etwas beschränkt, von schwerer Fassungsgabe, dabei dummgutmüthig und auch fleißig, die beschwerlichste Gattung von Menschen.
Ich bin jetzt in der vierten Stube: zwar brauche ich nicht zu erwarten, daß ihr mich hier einmal besucht, aber ihr wißt es doch nun wenigstens.
Für die guten Wünsche und die Pflaumen danke ich recht schön. Hoffentlich ist diesmal die Re<c>hnung nicht so groß. Auf der Krankenstube bin ich ja nicht gewesen.
Die Hundstage waren doch recht hübsch, ich denke oft und gern an meine große Reise und habe doch nicht gerade ganz wenig erlebt; es fällt mir immer so hin und wieder noch etwas ein.
Was wird nun nächstes Jahr in den Mulusferien werden? Ich weiß noch gar nicht, was wir da andrehen werden.
Nun lebt schön wohl und behaltet mich lieb!
Fritz