1866, Briefe 490–534
529. An Friedrich Ritschl in Leipzig
Naumburg, am 28. Dec. 1866.
Hochverehrter Herr Geheimrath,
die Naumburger Briefträger haben mich noch nicht im Stich gelassen und auch heute morgen Ihre verehrten Zeilen pünktlich meinen Händen überliefert. Ueberhaupt scheinen sie nicht an genauere Adressen gewöhnt zu sein. So kommt es, daß ich selbst unsre Hausnummer nicht kannte und sie eben jetzt erst in Erfahrung gebracht habe: Weingarten 355.
Ich bedaure vornehmlich, daß meine Nachlässigkeit zum Theil der Anlaß Ihres Briefes ist. Wenn auch die drei Bücher mit in meine Ferien gewandert sind, ohne hier gerade Ferien zu feiern, so haben sie doch mit meiner Schuld den viel wichtigeren Dienst verabsäumt, den sie Ihnen zu leisten haben. Wie ich hoffe, werden sie morgen wieder in Ihren Händen sein.
Schließlich verspreche ich schleunige Besorgung der Revision und unterzeichne mich als dankbarer Schüler, der die wärmsten Wünsche für Ihr Wohl zugleich mit so vielen Andern im Herzen hegt,
Friedrich Nietzsche.