1866, Briefe 490–534
520. An Friedrich Ritschl in Leipzig (Entwurf)
<Bad Kösen, kurz nach dem 15. September 1866>
Allerdings hätte ich den Wunsch zum Zweck einer letzten Revision die betreffenden Papiere noch einmal in die Hände zu bekommen. Darum ersuche ich Sie mir selbige nach Kösen zu senden, wo ich mich seit kurzer Zeit, auf der Flucht vor der in Naumburg grass<ierenden> Cholera aufhalte. Hier bin ich auch mit den Aeschyleischen Studien beschäftigt, zu denen mein Material an Büchern und an Kenntnissen nicht reichen will. Ich fürchte deshalb Hr Prof. Dindorf durch den Probebogen kaum zufrieden stellen zu können.
Daß der genannte Herr meine Arbeit durchgelesen hat, verpflichtet mich ihm zu besonderem Danke. Er wird ebenso wie Sie mancherlei Schwächen und Lücken bemerkt haben. Vielleicht gelingt es mir noch einige kleinere Verstöße zu beseitigen. Auch ist mir manches aus der dahin einschlägigen Litteratur entgangen: z. B. habe ich den Theognis von Härtung in der Ausgabe der griechischen Elegiker noch nicht gesehen. Bemerkenswerth aber von mir nicht bemerkt ist auch Bergks Versuch in den eben neu ersch. poet<ae> lyr<ici> Gr<aeci>, in der Spruchsammlung die Fragmente aller möglicher Elegiker wieder zu erkennen, nicht nur des Solon und Tyrtäus und Mimnermus, sondern des Evenus, Thaletas, Archilochus usw. Gegen derartige Vermuthungen habe ich nichts einzuwenden, so lange sie nicht wieder zu Folgerungen über die Theognideische Tradition benutzt werden.
Mit dem von Ihnen vorgeschlagnen Titel „zur Geschichte der Theognideischen Spruchsammlung“ bin ich durchaus einverstanden. Jetzt habe ich Ihnen nur noch Dank für Ihre geehrten Zeilen zu sagen und Ihnen zu versprechen, daß das Manuscript in Kürze wieder zurückgeschickt wird.
In besonderer Ergebenheit
Lindenstraße 57.