1867, Briefe 535–558
548. An Friedrich Ritschl in Leipzig
Naumburg 26 Sept. 1867.
Hochverehrter Herr Geheimerath,
Ihre ausgezeichneten Bemühungen haben wiederum alles durchgesetzt, was meinen Arbeiten irgendwie nützlich sein kann. Direktor Förtsch ist sogleich mit großer Gefälligkeit bereit gewesen, mir das fast vollständige Exemplar des rheinischen Museum einzuhändigen: und aus Ihrem letzten verehrten Schreiben entnehme ich, daß auch Sauerländer auf den für mich so günstigen Vorschlag eingegangen ist. Falls es für Sie mit keinen Mühen verbunden ist, so wäre ich erfreut jenes Exemplar in Naumburg zu sehen. Doch steht dies schlechterdings in Ihrer Hand, da ich ja augenblicklich auf das Beste versorgt bin und recht gut bis Ende Oktober warten kann; wo ich mir dann erlauben würde, in Leipzig persönlich bei Ihnen vorzufragen.
Übrigens kann ich nicht gerade sagen, daß ich in der Indexanfertigung schon weiter vorgerückt wäre, da mich gegenwärtig lebhaft eine andre Untersuchung („über die unechten Schriften Demokrits“) gefangen hält. Doch wüßte ich keinen Grund, der mich bei jener Arbeit besonders zur Eile anspornte.
Schließlich freut es mich, den Ursprung jener räthselhaften Adresse „Lindenstr. 57“ endlich errathen zu haben. Als ich im vorigen Herbste in Kosen wohnte, erkundigten Sie sich nach meiner Wohnung, um mir die Theognispapiere schicken zu können. Darauf schrieb ich Ihnen jene bezeichnete Adresse. Im Übrigen ist auch eine falsche Adresse für die Naumburger Briefträger ein ἀδιάφορον.
Somit habe ich nur noch den Wunsch auszusprechen, daß diese schönen Herbstestage Ihrer Gesundheit recht ersprießlich sein mögen, und die Versicherung hinzuzufügen, daß ich mich am Ende des Oktober persönlich nach Ihrem Befinden erkundigen werde.
Ihr getreuer Schüler
Friedrich Nietzsche.