1868, Briefe 559–606
582. An Friedrich Ritschl in Leipzig
Naumburg am 2t. August 1868.
Hochverehrter Herr Geheimrath,
nein, so wetterwendisch bin ich nicht. Die Indifikation ist fest in das Gewebe meiner Zukunftspläne eingefügt und kommt an erster und nächster Stelle daran. Ich bin diesem Unternehmen, zu dem ich mich freiwillig und mit einiger Vorliebe entschlossen habe, noch niemals, auch nicht in Gedanken, untreu geworden und ärgere mich, durch mein zufälliges Stillschweigen während meines letzten Aufenthaltes in Leipzig Anlaß zu einem Verdachte gegeben zu haben, den ich πύξ καὶ λάξ von mir abwehren werde.
Glücklicherweise liegt jetzt in dem Stande meiner Gesundheit nichts, was mich von jener Arbeit zurückhielte. Volkmann hat mich als völlig geheilt entlassen und mir im Ganzen keinerlei Vorsichtsmaßregeln anempfohlen, nur, daß ich mich nicht auf Faustkämpfe einlassen soll. Also bitte, Herr Geheimrath, nehmen Sie Ihren Verdacht zurück; sonst muß ich gleich von vorn herein gegen die einzige Vorschrift des Arztes sündigen.
Mit dem Wunsche, Ihren verehrten Angehörigen bestens empfohlen zu werden, bin ich
Ihr treu ergebener
Friedrich Nietzsche.